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Von Stephan Haring erstellt am 21. Februar 2022

Seit Mitte der 1980er Jahre ist der Name Kunze bei Freunden von Pianos und Flügeln in und um Schwerin eine feste Adresse. Aus einem anfänglichen Service, der auf Teile aus “dem Westen” angewiesen war, ist das “Piano-Haus Kunze” geworden – ein Unternehmen in zweiter Generation mit enger Verbindung zu seiner Kundschaft wie auch ein verlässlicher Partner für Kunst und Kultur weit über die Grenzen der Region hinaus. Schrittweise wuchs das Traditionshaus – in diesen Tagen steht ein neuer Entwicklungsschritt bevor.

„Mit Recht erscheint uns das Klavier, wenn’s schön poliert, als Zimmerzier. Ob’s außerdem Genuss verschafft, bleibt hin und wieder zweifelhaft.“ Wer ein Klavier lernendes Kind zu Hause oder auch in Nachbars Wohnung hat weiß, was schon Wilhelm Busch bewegte. Es ist ein gutes Stück Weg, bis man aus diesem wundervollen Instrument mit seinen in der Regel 88 Tasten die Musik zaubert, die den Zuhörern Freude bereitet.

Ein Instrument mit Wirkung

Wer in großen Konzerthallen das Spiel einer der begnadeten Pianistinnen und Pianisten erlebt hat weiß, wie unglaublich dieses Instrument selbst in einem so großen Raum wirken kann. Optisch aber vor allem akustisch. Natürlich hatte Wilhelm Busch recht. So ein Klavier, oder besser noch ein Flügel, macht zweifelsfrei etwas her – so im Zimmer stehend, eventuell noch ein passendes Bücherregal im Hintergrund. Es ist ein Schmuckstück, gar keine Frage. In schwarz und Hochglanz allerdings auch ein Objekt, das beinahe minütliches Putzen erfordert.

Im Zentrum Schwerins zu finden

Wer gerade keines dieser Instrumente in der Wohnung stehen hat, kann sich im „Piano-Haus Kunze“ davon überzeugen. Wie ein Klavier oder gar ein Flügel optisch wirkt, wie reinigungsintensiv so ein Instrument sein kann. Aber natürlich auch, wie toll sie klingen können. Denn während Schwerin sicherlich so manches nicht hat, was sich einige wünschen würden – einen Ort, an dem die Freunde des Pianos voll auf ihre Kosten kommen, an dem die individuelle Beratung noch im Mittelpunkt steht, und an dem auch jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter speziell für das Klavier aber auch an sich für Instrumente lebt, den gibt es. Bisher im ehemaligen Musikhaus Althen & Claussen in der Puschkinstraße. In Kürze dann etwa 200 Meter nördlich, wo die Friedrichstraße auf die Puschkinstraße trifft.

Ein Unternehmen mit Geschichte

Das „Piano-Haus Kunze“ kann dabei durchaus als ein traditionelles Unternehmen der Region bezeichnet werden. Denn schon zu DDR-Zeiten – einer Zeit, die die jüngere Generation schon nur noch aus den Geschichtsbüchern kennt – war Matthias Kunze, der Senior, als selbstständiger Klavierstimmer von Alt Meteln aus aktiv. „Mehr war damals für den ‚Pianoservice Kunze‘ nicht möglich“, weiß sein Sohn, der ebenfalls Matthias heißt. Er erinnert sich, dass sein Vater damals alles Machbare tat, um Klavieren und Flügeln den Klang zu erhalten oder wiederzugeben. „Oft waren Reparaturen allerdings nur möglich, wenn die Kunden das Material aus dem Westen mitgebracht haben.“

Erstes Ladengeschäft in Alt Meteln

Eine Situation, die sich mit der Wende natürlich wandelte. Der Senior nutzte die sich nun bietenden Möglichkeiten und machte aus dem „Pianoservice“ das „Piano-Haus“. Denn von nun an konnte man bei ihm die Instrumente auch kaufen. Bereits 1992 eröffnete das erste Ladengeschäft des Piano-Hauses Kunze. Etwa 100 Quadratmeter standen damals in Alt Meteln zur Verfügung. Ein durchaus mutiger Schritt – aber Matthias Kunze sr. wusste, dass Verstärkung kommen würde.

Denn sein Sohn war zu diesem Zeitpunkt bereits dabei, in die Fußstapfen des Vaters zu treten. Er hatte nämlich 1991 in Hamburg eine Lehre zum Klavierbauer begonnen. Und dies gleich bei einem der bis heute weltweit namhaftesten Unternehmen der Branche: Bei „Steinway & Sons“. Eine Entscheidung, die seinen Vater damals zweifellos sehr freute. Denn wer eigene Kinder hat weiß, dass es alles andere als selbstverständlich ist, dass sie einen ähnlichen oder gar gleichen Weg einschlagen.

Sohn tritt in Fußstapfen des Vaters

Nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung zog es Matthias jr. tatsächlich aus der Metropole Hamburg zurück nach Alt Meteln. Er stieg in das Unternehmen seines Vaters ein. Schon zwei Jahre später verdoppelten die beiden Kunzes die vorhandene Fläche. Eine ausreichend große Werkstatt kam hinzu. Darüber hinaus begannen sie, vor Ort auszubilden – das Unternehmen „Piano-Haus Kunze“ wuchs.

Ein Unternehmen mit Bezug zu Kundschaft und Region

Zurückzuführen war und ist dieses Wachstum letztlich natürlich einerseits auf eine enorme Fachkenntnis und ein bemerkenswertes handwerkliches Geschick von Senior und Junior wie auch ihrem Team. Aber es war auch von Beginn an die bis heute enge Verbindung der beiden zur Region. Denn mit dem „Piano-Haus Kunze“ entstand kein abgehobenes Unternehmen, das auf hochpreisigen Instrumentenluxus für Besserbetuchte setzte. Vielmehr blieb das familiäre, das persönliche, das Gefühl für die Menschen erhalten, das Vater Kunze aus seiner Berufszeit schon in DDR-Zeiten mitbrachte.

Es blieb ebenso der Werkstattservice, wie auch der Verkauf von Instrumenten jeder möglichen Preisklasse. „Wir wollten von Beginn an wirklich für alle Kunden da sein. Nicht nur für einige wenige“, erinnert sich Matthias Kunze jr.  So entstand, zweifelsfrei auch aufgrund dieses so verbindlichen und individuell abgestimmten Arbeitens, ein Netzwerk an privaten Kunden, die dem Unternehmen bis heute die Treue halten – und die „ihr“ „Piano-Haus Kunze“ jederzeit auch weiterempfehlen würden.

Instrumentenverkauf zieht nach Schwerin – Werkstatt wächst

2015 kam es zum Wechsel des Staffelstabs. Der Junior übernahm das Unternehmen. Nun lag das Schicksal in seinen Händen. „Aber ich wusste, dass ich jederzeit auf die Unterstützung und Erfahrung meines Vaters zählen konnte. Und das ist bis heute so“. Der Junior erkannte die Zeichen der Zeit und entschied, den Verkauf von Alt Meteln nach Schwerin zu verlagern. Mit der Verkaufsfläche des einstigen Musikhauses „Althen & Clausen“ stand zu diesem Zeitpunkt eine Fläche zur Verfügung, die wohl die meisten Schwerinerinnen und Schweriner noch mit Musik verbanden. „Das war optimal. Die Fläche passte zu dieser Zeit, das Geschäft und die Musik waren bereits eine Einheit für die meisten.“

Die Fläche in Alt Meteln wurde nun komplett zu einer Werkstatt mit einer Größe, „um die uns so mach Kollege beneiden dürfte“. Hier fanden nun vor allem große „Sanierungen“ statt. Faktisch das „Wiederbeleben“ alter Klaviere und Flügel. Und die Werkstatt sollte, ganz ungeplant, schon einige Jahre später noch eine wichtige Rolle spielen.

Matthias Kunze jr. stets mit Blick nach vorn

Wer den „neuen“ Unternehmer nun erlebte, konnte ahnen, dass dies nicht der letzten Entwicklungsschritt sein würde. „Ich hatte nach einiger Zeit den Traum vom Perzina-Saal als Standort für unser Piano-Haus. Dort hätte man toll die Präsentation der Instrumente mit Events verbinden können.“ Und auch die Geschichte hätte sich irgendwie geschlossen. Denn dort wurden bis 1929 tatsächlich Perzina-Klaviere hergestellt. „Leider war ich etwas zu spät. Die Stadt hatte schon feste andere Pläne“.

Corona ging auch am Piano-Haus nicht vorbei

Dann kam Corona – eine Situation, die auch das „Piano-Haus Kunze“ traf. Und nun kam, wie schon angedeutet, der großen Werkstatt eine besondere Rolle zu. Denn das Ladengeschäft war geschlossen – für ganze sechs Monate. „Entlassen aber wollten wir unser tolles Team keinesfalls. Zum Glück ist Krisenzeit immer auch Reparaturzeit. Unsere Werkstatt hatte extrem viele Aufträge, so dass sie letztlich das Unternehmen durch die schwere Zeit ‚trug‘“. Säule 1 des Unternehmens war also geschlossen. Säule 2, die Werkstatt, lief. Die dritte Säule, der Service, war beeinträchtigt.

Kulturpartner auch in schwierigen Zeiten

Die gewachsenen Verbindungen zur Kunst- und Kulturszene in Norddeutschland hatten zudem eine vierte Säule über die Jahre und Jahrzehnte entstehen lassen. In immer mehr Konzerthäusern und auf immer mehr Veranstaltungen stehen Klaviere oder Flügel, an denen man den schwarzen Schriftzug „Piano-Haus Kunze“ auf goldenem Untergrund findet. „So waren wir von Beginn an Partner der Festspiele MV. Damals, beim allerersten Konzert mit Justus Frantz, hat mein Vater den Flügel noch gestimmt“, erinnert sich Matthias Kunze. „Heute stehen dort häufig unsere Instrumente. Ebenso wie auf zahlreichen anderen tollen Events.“ Mit Corona aber brach auch diese Säule weg. „2020 blieben von ursprünglich geplanten 165 Vermietungen nur 18 übrig.“

2022 unter Überschrift „Optimismus“

So schwierig das Jahr 2020 auch war, es ging vorbei. Und im Folgejahr ging es für das „Piano-Haus Kunze“ wieder aufwärts. Und so soll es auch weitergehen. „2022 habe ich klar unter die Überschrift ‚Optimismus‘ gestellt. Wenn ich noch etwas verändern und weiter entwickeln möchte, dann jetzt“. Bei einem Spaziergang durch die Puschkinstraße sah Matthias Kunze, dass Birgit Dürr nach vielen Jahren ihr Geschäft für stil- und anspruchsvolle Designartikel aufgab. „Eine große Schaufensterfront, die viel Licht in eine große, schöne Fläche lässt. Das gefiel mir sofort. Und auch der Umstand, dass jeder, der durch die Friedrichstraße kommt, frontal das Geschäft sieht.“ Schnell waren sich Matthias Kunze und Birgitt Dürr einig. „Und nun eröffnen wir am kommenden Montag hier unser neues Geschäft“, sagt Matthias und strahlt förmlich. Für den Umzug bleibt der bisherige Standort schon ab dieser Woche geschlossen.

Neues Geschäft bietet mehr Raum auch für neue Ideen

Ein Blick hinein lässt auch schnell erahnen, weshalb. Es geht wirklich noch einmal nach vorn. Für die Präsentation der Instrumente steht nun deutlich mehr Raum zur Verfügung. „Als Steinway-Händler für Mecklenburg-Vorpommern können wir diese Instrumente hier ganz anders zur Geltung bringen.“ In einem „Steinway & Sons“-Lounge-Bereich beispielsweise wird ein Spirio-Flügel des hochklassigen Markenherstellers stehen. Ein selbstspielendes Instrument. Während sich dessen Tasten zu einem ausgewählten Stück wie von Geisterhand bewegen und das Instrument zum Klingen bringen, kann man auf einem Bildschirm zuschauen, wie beispielsweise Starpianist Lang Lang eben dieses Stück spielt.

Für alle da: Neben Piano und Flügel auch Gitarre und mehr

„Aber natürlich bleiben wir darüber hinaus unserer Linie treu, wirklich für alle Kunden da zu sein. Daher bieten wir auch weiterhin Instrumente in verschiedenen Preisklassen an“. Da die langjährige Erfahrung gezeigt hat, dass oft der Wunsch nach einem Klavier besteht, aber durchaus auch Zweifel hinsichtlich der anhaltenden Nachhaltigkeit des Wunsches vorhanden sind, kann man die Instrumente direkt kaufen, man kann sie mieten oder auch finanzieren. Und es gibt im „Piano-Haus Kunze“ das Angebot einer Rückkaufoption. In diesem Fall erwirbt man das Klavier zu einem zudem sehr guten Preis, kann es aber nach 12 Monaten in den Rückkauf geben.

Und selbstverständlich wird es auch zukünftig eine Auswahl an Gitarren und weiteren Instrumenten im „Piano-Haus Kunze“ geben. Neu hingegen sind kleine Events, die Matthias Kunze und sein Frau im Gewölbekeller des neuen Standorts planen. „Die Betonung liegt hierbei aber wirklich auf klein“, sagt Matthias Kunze.

Den Blick nach vorn: Azubi für September gesucht

Ein neues Ladengeschäft also, eine große Werkstatt, fünf feste Angestellte, zwei Auszubildende und weiterhin viele Ideen – das „Piano-Haus Kunze“ ist zweifelsfrei weiter in gutem Fahrwasser. Der Moment um Auszuruhen ist also ganz sicher noch nicht gekommen. Der Blick geht daher schon jetzt, da die Neu-Eröffnung kurz bevor steht, weiter nach vorn. „Im kommenden September wollen wir wieder eine Auszubildende oder einen Auszubildenden einstellen. Ab sofort freuen wir uns auf die Bewerbungen. Und natürlich gibt es auch weiterhin die Möglichkeit, ein Schülerpraktikum in unserer Werkstatt zu absolvieren“.

Apropos Nachwuchs: Um die langfristige Zukunft des Unternehmens braucht sich Matthias Kunze offenbar auch keine Sorgen zu machen. Die dritte Generation ist bereits in der Ausbildung. „Ich bin unglaublich stolz, dass mein Sohn auch unseren tollen Beruf erlernt.“ Ganz der Vater – bei Steinway & Sons in Hamburg.

Der ganze Artikel auf schwerin-lokal.de von Stephan Haring:

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